• slider 926545 3433 3863

Erweiterte Tonalität

Was ist Erweiterte Tonalität?

 

Kurz und sehr vereinfacht zur Begriffsklärung:

 

Der Musiker, Musiktherapeut und -pädagoge, Musikologe und Anthroposoph Heiner Ruland (1934-2016) hat ab 1950 die erweiterte Tonalität entwickelt aus der Erkenntnis heraus, dass unser abendländisches diatonisches, 12-töniges Tonsystem in einer gewissen Erstarrung steckt. Diese Erstarrung ist von ja vielen MusikerInnen in Jahren 1900-1920 durchaus leidvoll erkannt worden und es sind entsprechende Befreiungsversuche unternommen worden.

Sein grundlegendes Buch heißt: "Ein Weg zur Erweiterung des Tonerlebens", Basel 1981, vergriffen, aber erhältlich über den Förderverein für Erweiterte Tonalität.

 

Das "Apollinische" (Apoll als griechischer Gott, der eine 12saitige Leier spielt), das Maß, die Regel, das Klare, die Ordnung, das Gesetzmäßige, Berechenbare, "Kultur", hat im Laufe der abendländischen Musikentwicklung ein Übergewicht erhalten zuungunsten des "Dionysischen" (Dionysos als griechischer Gott, der auf dem naturtongestimmten Blasinstrument Aulos spielt), des Lebendigen, Unvorhersehbaren, nicht ganz Fassbaren, "Natur". Der Impuls der erweiterten Tonalität versucht hier den Ausgleich zu finden und das urtümliche Leben der naturtönigen Skalen mit der Ordnung der 12 Töne (und 24 Tonarten) zu verbinden.

 

Das heißt: In den uns bekannten Tonleitern in Dur und Moll werden je drei Intervalle ersetzt durch Natur-Töne aus der Obertonreihe / Untertonreihe, die in der Entwicklung der abendländischen Musikgeschichte bildlich gesprochen durch die Saiten des Apoll als «unrein» und «falsch» aus der Musik gefallen sind: die reine Quart wird ersetzt durch die 11/8-Quart ("Alphorn-Fa"), die kleine/große Sext durch die 13/8-Sext (sog. "Persische Sext") und die kleine Septim durch die Naturseptim 7/4 (die echte "Bluenote").

 

Dazu kommt, dass die alten, einengenden Verwandtschaftsverhältnisse der Tonarten (sog. Stufenharmonik mit Tonika, Dominante, Subdominante etc.) aufgehoben sind zugunsten einer Individualisierung der einzelnen Töne, wie es ja auch ein Ziel der Zweiten Wiener Schule (A. Schönberg; J.M. Hauer, A. Webern) war.

Alle diese drei Naturtöne übrigens kannte man bis anfangs des 20. Jh. in den urtümlichen Volksmusiken im Balkan, im süddeutschen Raum und im Appenzellerland (heute "zäuerled" leider nur noch ganz wenige Leute mit den Naturintervallen). Sie sind dem Diktat des temperierten Klaviers unterlegen und werden durch die erweiterte Tonalität gewissermaßen wieder erhört und in den Strom der Musik- und damit der Bewusstseinsentwicklung zurückgeholt.

 

Das klangliche Ergebnis der erweiterten Tonalität ist lebendiger, freier (durch das Fehlen des bisherigen Zwanges der Leittöne nach Auflösung) und weniger voraushörbar als das bisher Gewohnte. Die eigenständigen Tonartenwechsel haben eine erfrischende Wirkung. Vom Publikum und den Ausführenden wird oft ein therapeutischer Effekt der Musik in erweiterter Tonalität geschildert: Die Hörenden und Ausführenden sind immer in ihrem Ich aufgerufen, ganz wach zu sein und sich gewissermaßen einzumitten.

 

Freilich bedingt das Hören und Musizieren in erweiterter Tonalität die Bereitschaft, sich auf die zunächst «falsch» und «unsauber» klingenden Naturintervalle einzulassen. Erfahrung zeigt aber, dass nach ein paar Minuten unvoreingenommenen Zuhörens diese anfänglichen unangenehmen Empfindungen sich wandeln zu Empfindungen des Belebt-Seins, der Erweiterung des Ohres, des aktiveren Zuhörens.

 

Das Kennenlernen der erweiterten Tonalität geht am besten übers eigene Singen: deshalb haben sich in Zürich, Basel und Bern regelmäßig übende Singkreise gebildet.

 

Weitere Infos über

www.erweiterte-tonalitaet.ch

 

Konzerte

Singkreise & Kurse

Kontakt aufnehmen →

 

 

 

+41 (0)79 793 29 18 E-Mail